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Welchen Einfluss hat die Unternehmenskultur auf den Erfolg eines Start-ups?

Ein typischer Fall von modernen Unternehmenskulturen: “Richard Branson schafft Urlaubsanträge ab.” Das war die Headline vieler Medien in den vergangenen Wochen. Offiziell schreibt Virgin-Chef Richard Branson auf seinem Blog dazu: „Es ist allein Sache des Arbeitnehmers zu entscheiden, ob und wann er ein paar Stunden, einen Tag, eine Woche oder einen Monat freinehmen will […] Wir sollten uns darauf konzentrieren, welches Pensum die Leute schaffen, und nicht darauf, wie viele Stunden oder Tage sie im Büro absitzen […]“. Noch gilt diese Regelung nur für 170 ausgewählte Virgin-Angestellte, aber diesem Trend sollen bald alle Mitarbeiter folgen.

Richard Branson reiht sich mit diesem Vorstoß ein in die Linie von Firmen wie Netflix oder Evernote. Ventilatorenhersteller EBM geht hierbei sogar noch einen Schritt weiter und stellt es seinen Mitarbeitern frei, wann sie arbeiten. Dieses Modell der Vertrauensarbeitszeit hat sich bisher – auch im Sinne des Unternehmenserfolgs – bewährt und macht nun Schule.

Hierarchische Strukturen nehmen ab, neue Führungsinstrumente wie Wertschätzung, Vertrauen, Entscheidungsfreiräume, Eigenverantwortung nehmen zu. Die Mitarbeiter werden in den Mittelpunkt des Unternehmens gestellt, sie werden mehr zum Unternehmer im Unternehmen. Damit steigen Mitarbeiterzufriedenheit und –bindung sowie das Betriebsklima und der Unternehmenserfolg. Flexibilisierung ist gefragt, das Statussymbol der neuen Arbeitnehmergeneration ist „Selbstbestimmung“, die Überzeugung, dass Leben mehr als nur der Job ist, wächst. Wie bedeutsam fließende Grenzen zwischen Leben und Arbeit sowie vertrauensbasierte Freiräume sind, zeigen die zunehmenden weltweit agierenden, sich virtuell zusammenschließenden Arbeitsgruppen.

Studien belegen, dass die Unternehmenskultur mehr als 30% des Unterschieds im Unternehmenserfolg ausmacht. Eine erfolgreiche Unternehmenskultur darf sich nicht erschöpfen in einem aufgeschriebenen Werte- und Verhaltenskodex, der in der Schublade verstaubt, sondern muss zur gelebten Unternehmenspraxis werden. Managementberater Reinhard K. Sprenger warnt vor einer zu „spezifischen“ Unternehmenskultur, diese führe zu einem Wettbewerbsnachteil. Er fordert, dass in unserer pluralistischen Gesellschaft die Unternehmen offen sein müssen für unterschiedliche Werte, Traditionen und Gesinnungen.

Einer aktuellen Umfrage von 400 Managern zufolge, die im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums und der “Initiative Neue Qualität der Arbeit” durchgeführt wurde, bezweifeln über die Hälfte, dass der in den Firmen praktizierte Führungsstil den Anforderungen der Zukunft genügt, und sehen darin eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Das Arbeiten in beweglichen Führungsstrukturen werde immer wichtiger, die sich selbst organisierenden Netzwerke mit kollektiver Intelligenz haben einen zwangsläufigen Abbau einer hierarchischen Führungsstruktur zur Folge. Kooperationsfähigkeit und Empathie seien die Anforderungen der neuen Managergeneration.

Die zentralen Erkenntnisse weltweit führender Unternehmen sind:

1. Menschen werden von Natur aus motiviert, wenn sie sinnvolle Aufgaben eigenverantwortlich angehen.

2. Teams bringen durch gemeinsames Denken bessere Lösungen und Leistungen als Einzelne.

3. Vorausgesetzt, die Grundbedürfnisse sind gedeckt, engagieren sich die Menschen dauerhaft viel intensiver für das gemeinsame Anliegen als für die persönlichen Interessen.

4. Von großer Bedeutung für den Unternehmenserfolg ist die Auswahl der passenden Mitarbeiter, die Entfaltung ihrer Potenziale, faire Vergütung und Beteiligung am Unternehmenserfolg.

Die zentrale Essenz des Verhaltens vieler Mitarbeiter und vor allem vieler Führungskräfte ist die Angst vor Fehlern. Nicht selten werden Führungskräfte mit der Maßgabe, Veränderungsprozesse zu forcieren und Innovationen zu schaffen, eingestellt. Doch neue Wege bedeuten auch Spielräume für Fehler und Misserfolg. Wenn in einer Unternehmens- und Führungsstruktur Fehler zu schnell und unreflektiert mit Entlassung oder Degradierung bestraft werden, sind die leidigen, unveränderten Folgen Demotivation, permanente, persönliche Absicherung, Fehlervermeidung und Dienst nach Vorschrift. Der jährliche „Engagement Index” des Beratungsunternehmens Gallup bestätigt, dass jeder vierte Beschäftigte in Deutschland bereits innerlich gekündigt hat und 61 Prozent Dienst nach Vorschrift machen.

Um nicht nur die besten und passenden Talente gewinnen, sondern auch entwickeln und halten zu können, müssen die Unternehmen effiziente Arbeitsstrukturen aufbauen und eine Vertrauenskultur schaffen.

Umfragen zufolge binden sich – insbesondere junge Mitarbeiter – vor allem durch nachstehende Faktoren an Unternehmen:
– Übernahme von Verantwortung
– Möglichkeit, sich weiter zu entwickeln
– ein tolles Team
– ein sinnvolle Aufgabe
– internationales Arbeiten
– selbstbestimmte Work-Life-Balance

Viele Unternehmen können dabei von den Unternehmenskulturen moderner Startups lernen, die weit über das zur Verfügung stellen von Tischtennisplatten, Kickern und kostenlosem Frühstück hinausgehen.

Peter Brabeck-Letmathe, Chairman von Nestlé, brachte die Aufgabe moderner Führung auf den Punkt:
„Es geht nicht darum, nachzudenken, was uns bisher erfolgreich gemacht hat, es geht primär um die Frage, was wir tun müssen, damit wir auch in Zukunft erfolgreich sind (…) Das ist die vielleicht schwierigste Aufgabe in einem Unternehmen überhaupt – insbesondere, wenn es bereits erfolgreich ist“.